Das Gefängniskrankenhaus Berlin hält seit mehr als sechs Jahren eine Person in einer Isolationszelle fest. Der Berliner Gesundheitssenat hat uns dies erstmals bestätigt. Die Behörde weigerte sich zunächst, unsere Presseanfragen umfassend zu beantworten. Der Gesundheitssenat schrieb unter anderem, dass die Dauer der Unterbringung von Patienten nicht erfasst werde.
Nach unserem Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht hat der Gesundheitssenat endlich die Antworten zur Dauer der Einzelhafthaftigkeit gefunden: Zu dem Patienten, der seit sechs Jahren in Isolation leben muss, kommen derzeit noch fünf andere Patienten im Gefängnissystem, die seit mehr als einem Monat in einer Isolationszelle eingesperrt sind.
Gemeinsam mit der Tageszeitung taz haben wir in den vergangenen Monaten immer wieder über die katastrophalen Zustände im Berliner Strafvollzug berichtet. Im Berliner Justizvollzugskrankenhaus gibt es grundsätzliche Missstände – egal, ob man den baulichen Zustand, den Personalmangel oder die Hygiene betrachtet. Dies belegen zahlreiche Dokumente, die FragDenStaat über das Informationsfreiheitsgesetz veröffentlicht hat.
Unhaltbare Bedingungen
Als Grund für die lange Einzelhaft gibt der Gesundheitssenat an, dass es sich um Patienten mit schweren psychotischen Erkrankungen handele, die Medikamente verweigerten. Oft bessert sich der Zustand erst nach einer unfreiwilligen medikamentösen Behandlung. Dann ist die Gefahr für sich selbst und andere gering genug, um die Patienten aus der Isolationszelle zu entlassen.
Es ist gängige Praxis, Patienten zu isolieren, wenn sie sich selbst oder andere gefährden. Allerdings sollte die Isolation so kurz wie möglich sein. Gemäß den Mindeststandards der Vereinten Nationen (UN) für die Behandlung von Gefangenen sollten Menschen nicht länger als 15 aufeinanderfolgende Tage isoliert werden.
Dem Gesundheitssenat ist seit Jahren bekannt, dass Menschen im Berliner Justizvollzug weit mehr als 15 Tage in Isolationszellen verbringen müssen. Bereits 2021 kritisierte die Besuchskommission der Berliner Psychiatrien die lange Isolation. In ihrem Bericht erwähnt sie zwei Patienten, die damals mehrere Monate isoliert waren. Dieser Bericht sei „ausführlich besprochen“ worden, antwortete der Gesundheitssenat, nachdem wir ihn verklagt hatten. Es wird ständig versucht, isolierte Patienten in die Gemeinschaft zu integrieren. Dies war den beiden Patienten jedoch aufgrund ihrer schweren Erkrankung nicht möglich.
Nach unserer Berichterstattung hat die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie (DGSP) einen offenen Brief an den Berliner Bürgermeister Kai Wegner (CDU) geschrieben. Darin fordert die DGSP ein sofortiges Ende der „illegalen“ und „medizinisch und ethisch unhaltbaren Zustände“ im Strafvollzug.
→ Anfragen zum Berliner Gefängnissystem
→ Dokumente zur Klage